14. November 2006
Das Transparent ist gefertigt: "pardon, siz
kimsiniz?" ist die türkische Version von "Verzeihung, wer sind sie?"
Ergänzt um die Frage: "Aber was heißt schon Volk in Zeiten von
Massengesellschaften?" Das bezieht sich auf die Station "exociti III: on
identity / next code: asking europe", die kommenden Donnerstag im "Nil"
eingerichtet wird. [LINK]
Von da aus wird das Netzwerk der Fragen auch nach Teheran verzweigt. Von dieser
Metropole hat Amirali Ghasemi die
folgende Nachtaufnahme gemacht:
Europa hat sich inzwischen eine Sammlung intensiver Feindbilder geleistet und
erarbeitet. Doch hinter diesen Bildern leben und handeln reale Menschen, zu denen wir zwar
in manchem Kontrast stehen, die aber zugleich mit uns unzählige grundlegende Wünsche und
Bedürfnisse teilen. (Emotionen ohnehin ...)
(Deniz Gül: "Cry")
Cut!
Die oststeirische Stadt Gleisdorf ist wenige Kilometer von
Wollsdorf entfernt, in dessen Lederfabrik unlängst ein schwerer betriebsunfall drei
Menschen das Leben gekostet hat. Bemerkenswerter Eintrag auf der Website von Gleisdorfs
Bürgermeister Christoph Stark:
08.11.2006 21:54 Michael O.
Der Neubau der Sonderschule, die möglichen Formen der
Jugendbeteiligungen am kommunalen Geschehen, Personalfragen, Planungsbesprechung des
Rathausum- und -zubaus, Schulaktionen, dazwischen eine Pizzaschnitte beim Wurm-Drive-In --
so sah der im Großen und Ganzen der heutige Tag aus. Schließlich besuchte mich in meiner
Sprechstunde noch eine Frau, die sich seit einigen Wochen eines besonderen Falls
angenommen hat. Mit ihrem Einverständnis darf ich die folgenden Zeilen auch schreiben.
Michael O., knapp 40 Jahre alt, kam im Jahr 2000 aus
Nigeria nach Gleisdorf und arbeitete seither bei der Firma Wollsdorf Leder. Gleich wie
seine Frau. Gemeinsam haben sie sich -- ohne Inanspruchnahme öffentlicher Förderungen
oder Unterstützungen ein kleines Haus gekauft. Die beiden Gehälter fließen seither in
das gemeinsame Heim. Als er am 2. Oktober von der Nachtschicht nach Hause kommt, sagt ihm
ein Freund, dass in der Firma etwas passiert sei, er solle nochmals zurück fahren. Als er
bei der Firma ankommt, findet er dort seine Frau. Sie war bereits tot. Sie ist eines der
Opfer des tragischen Chemieunfalls.
Seither hat er mehrfach versucht auf seinen Arbeitsplatz
zurückzukehren. Unmöglich. Zu groß sind die traumatischen Sperren, auch wenn Michael O.
arbeiten will, sein Haus erhalten will, selbsterhaltend bleiben will.
Mit der Unterstützung einer mitfühlenden Frau versucht
er nun eine andere Arbeit zu finden. Sein Traum war immer Mechaniker zu werden. Eine Lehre
würde er sofort angehen. Aber auch als Taxifahrer oder als Zusteller würde er gerne sein
Brot verdienen. Hauptsache Arbeit. Eine Idee ist es auch, an der er Gefallen gefunden hat:
Irgendeine Ausbildung im Solarbereich. Dieses Wissen könnte er dann quasi unter
Österreichischer Flagge in seine alte Heimat exportieren.
Wenn Sie diese Zeilen lesen und im eigenen Bereich
Möglichkeiten zur Hilfe für Michael O. sehen, oder jemanden kennen, der hier vielleicht
helfen kann, bitte ich sie, mich zu kontaktieren. [Quelle]
[martin]
[Fotos: #1 & #2: Krusche,
#3: Ghasemi, #4 Gül] [Links &
Quellen]
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