17. September 2006

Wenn rassistisch gefärbte Momente in einer Kultur zunehmen, wenn die „Selbstdefinition durch Feindmarkierung“ in der Öffentlichkeit wieder einmal Karriere macht, darf man annehmen, daß ein Volk in eine Identitätskrise getaumelt ist.

Solche Krisen äußern sich zum Beispiel in steigender Aggression gegen alles, was in einem aktuellen Kanon als „fremd“ ausgewiesen ist. Ein politisches Phantasma. Denn im Grunde ist mir ein beliebiger Bahnhofsgaststätten-Biertischweltmeister mit einem Geburtsort in Österreich keinen Deut weniger fremd als ein Flüchtling aus beliebiger Weltgegend. Die wachsende „Wir“-Heuchelei als Ersatzhandlung für eigenverantwortliche Genauigkeit im Angehen von realen Problemen.

Denn es ist eigentlich dieses "Westeuropa" in einer tiefen Kriese der Welt gegenüber, ist aus seiner Geschichte des Kolonialismus und der rassistischen Selbstüberhöhung heraus arrogant, träge und einfallslos geworden. Darin wurzelt der großteil unserer aktuellen Probleme, die wir nun auf andere abzuschieben versuchen.

Es gibt eine Reihe von „Kennzeichen“, die abschätzige bis feindselige Reaktionen auslösen können. Dunkle Hautfarbe, ein Akzent, der keinen „westlichen“ Eindruck macht, ein Kopftuch …

Einschub:
Was mach ma denn mit so einer braven Oststeirerin, die vermutlich schon seit Jugendtagen ein Kopftuch zu tragen pflegt?

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Nun also: Identität.
Starkes Selbstbewußtsein macht offen. Aber Identität ist nichts Statisches. Ich hab vorgestern die türkische Künstlerin Deniz Gül erwähnt. Die zur Zeit konzentriert an den Themen Identität und Emotionen arbeitet. Die Situation in der Türkei handelt von tief gehender Irritation in diesem Bereich. Weshalb Gül die Frage ausstreut: "Entschuldigung, wer sind Sie?"

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Hier Övül Durmusoglu (Türkei) und Christian Hillesoe (Dänemark) auf der Tour durch Istanbul, wo wir gesprayt, Plakate und Sticker geklebt haben ...

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Die Frage von Gül wird demnächst im Zentrum einer Installation stehen, die wir hier im Fenster des "Nil" einrichten wollen:

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[martin]

[Foto #1: exociti, Foto #2: Krusche] [Links & Quellen]


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